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  >Klara Hobza | Biografie | 21.10. – 04.11.2012
     
     

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Max & Hannes Gumpp | Monument to the idea of the unknown designer | 26.09. – 18.10.2009

Die romantische Vorstellung des unbekannten Designers, den man zu würdigen gedenkt, bestimmt nicht nur den Titel der Ausstellung von Max und Hannes Gumpp im Raum 58. Die Frage nach der Autorschaft zieht sich vielmehr wie ein roter Faden durch die ausgestellten Werke und Objekte. Doch geht es nicht nur um eine Reminiszenz auf einen namenlosen oder vielleicht mit der Zeit vergessenen, verschwundenen Autor, sondern auch um die Suche nach dem schöpferischen Individuum, das dem Betrachter Auskunft über die Ontologie des Werkes, seine Modulation oder Modifikation geben könnte. Dieses Bedürfnis des Rezipienten, ein künstlerisches Werk mit einer Person zu verbinden, findet sich auch bei Michel Foucault in seinem poststrukturalistischen Aufsatz »Was ist ein Autor?« von 1969. So argumentierte er, dass der Autor – der keinesfalls auf die Literatur zu beschränken ist – ein Konstrukt sei, das erst im Rezeptionsprozess geschaffen werde.

Die Betrachtung einer Fotografie, die eine einfache Holzbank vor einem Baucontainer zeigt, umspielt von einer schwarzen ›Kabelschlange‹ und in das gelbe Licht einer Straßenlaterne getaucht, wirft die Frage nach dem Schöpfer dieser kleinen Inszenierung auf. Die romantische Idee des unbekannten Urhebers wird allerdings in dem Moment unterlaufen, in dem sich der Besucher der Ausstellung mit eben dieser ›realen‹ Bank konfrontiert sieht. Ist es nun das ›Original‹, das auch in der Fotografie zu sehen ist? Oder eine Kopie? Vielleicht auch ein Zitat?

Gleich nebenan findet sich ebenfalls ein überaus vertrauter Gegenstand. Eine Mehrwegflasche aus Glas, die dem Betrachter tagtäglich im Supermarkt oder zu Hause begegnet. Ein so alltäglicher Gegenstand, dass nur noch selten die Frage nach dem Designer gestellt wird. Diesen Klassiker – die sogenannte Perlenflasche – entwarf Günter Kupetz, Architekt, Bildhauer und Professor für Produktgestaltung. Trotz – oder gerade wegen – der allgegenwärtigen Präsenz dieser zeitlosen Form, die seit ihrem Entwurf 1969 ca. fünf Milliarden mal (re)produziert wurde, scheint die Suche nach dem Autor für den Rezipienten zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Schwindet also die Sehnsucht des Betrachters nach einem Autor, wenn Dinge Einzug in unseren Alltag halten, in den öffentlichen Raum vordringen? Oder liegt es an der so klaren Funktion und Anwendbarkeit des Objektes?

Bei den Kunstfelsen des Bildhauers Urs Eggenschwyler, die sich in namhaften, nationalen wie internationalen Parks und Zoos als Kletterfelsen für Tiere finden, scheint es ganz ähnlich zu sein. Jeder kennt sie, doch kaum jemand stellt sich die Frage nach dem Schöpfer dieser überdimensionierten Bildhauerkunst. Max Gumpp erinnert mit seiner Arbeit Soft Rock an diesen vergessenen Autor und holt ihn in den künstlerischen Kontext eines Ausstellungsraumes zurück. Der Kunstfelsen dient dem Künstler jedoch nicht mehr als Spielwiese für Steinböcke oder exotische Tiere, sondern als Sessel – und damit auch Sockel – für den Menschen. Ein Verweis auf die Herkunft, die Verwurzelung dieses ›Gebrauchsobjektes‹ im Bereich der Skulptur.

Ein geradezu entgegen gesetzter Prozess ist bei dem von Hannes Gumpp entworfenen Möbel LATTEN zu beobachten. Ein ursprünglich in einer Skulptur von Emanuel Wadé gezeigter Stuhl, wurde aus seinem rein künstlerischen Kontext gelöst und zu einem ästhetischen Designobjekt geformt. Die Ausstellung des Möbels lässt den Gebrauchsgegenstand wiederum zum Anschauungsobjekt und damit zum gedanklichen Vexierbild zwischen freier und angewandter Kunst, Urheber und ›Meta‹-Autor werden.

Diese Aspekte finden sich nicht von ungefähr in den Arbeiten von Max und Hannes Gumpp. Das Zusammentreffen und die gleichzeitige Differenzierung von Kunst und Design, singulärer und kollaborativer Autorschaft ist bei den Zwillingsbrüdern vielmehr ›genetisch‹ bestimmt und begleitet sie nicht erst seit ihrer ersten gemeinsamen Einzelausstellung 2008 im Salone Satellite in Mailand.

Die Arbeit Rosenkranz lässt den Betrachter eine weitere Stufe in der gedanklichen Auseinandersetzung um die Autorschaft der Dinge erklimmen. So vollzieht sich die künstlerische Arbeit erst mit dem Eingreifen des Betrachters, vielmehr des Benutzers. Knoten um Knoten vollendet der Betende das Werk. Die Frage nach Autor oder Schöpfer scheint ein unlösbarer Diskurs – oder die leise Bestätigung Roland Barthes’ drastischer Formulierung aus dem Jahre 1968: »Die Geburt des Lesers ist zu bezahlen mit dem Tod des Autors.«*

Ann-Kathrin Strecker

* Roland Barthes: «Der Tod des Autors», in: Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, Matias Martinez, Simone Winko (Hg.): Texte zur Theorie der Autorschaft, Stuttgart 2000, S. 192f.